Flakstellung Rellingen – Flak-Abteilung 613

Während des Zweiten Weltkrieges befand sich im Ortsteil Eggenbüttel, der Gemeinde Rellingen, eine Flakstellung. Aufgrund der Nähe zu Halstenbek und der Erreichbarkeit der Stellung über den Bahnhof Halstenbek, wurde die Stellung durch die Flak-Soldaten damals Halstenbek zugerechnet. Sie lag auf dem Land der Baumschule Pein & Pein am Moorkampsweg.

Der Bauzeitpunkt der Flakstellung Rellingen ist nicht eindeutig belegt. Laut Zeitzeugenaussagen begannen im Jahr 1940 die Bauarbeiten, bis die Stellung 1941 fertiggestellt werden konnte. Albert Hatje erinnerte sich: „Eine der ersten Maßnahme war die Befestigung der Wege für die schweren Fahrzeuge. Dies geschah sehr plötzlich für die Bevölkerung. Eines Tages fuhren Lastwagen mit 10 Mann vor und schippten Schotter auf die Wege. Die Stellung soll eine Vorzeigestellung gewesen sein, denn die Unterkünfte waren zum Teil gemauert und die Feuerstellungen waren betoniert.“

Eine der betonierten Geschützstellungen, 1986.

Befehlsstelle I, 1986.

Welche Einheit zuerst die Stellung bezog, ist nicht belegt. Gewiss ist, dass spätestens ab Mai 1942 die 3. Batterie der Reserve Flak-Abteilung 613 in Rellingen lag. Sehr wahrscheinlich aber bereits früher die Stellung bezog. Sie ist ab 1941 im Raum Hamburg belegt und könnte die Rellinger Stellung direkt nach ihrer Fertigstellung bezogen haben. Die Flak-Abteilung 613 brachte vier 8,8 cm Geschütze und zwei 2 cm Geschütze mit in die Stellung.

Links: Erwin Nikolai als Fähnrich bei der 3./Flak-Abteilung 613, 1942. Rechts: Im Jahr 1986 besuchte Erwin Nikolai die Flakstellung wieder und fand nach 44 Jahren seine alte Stube aus dem Jahr 1942 wieder.

Erwin Nikolas, im Jahr 1942 als Offizieranwärter in die 3. Batterie versetzt, weiß folgendes zu berichten:

„Anfang Mai 1942 kam ich als Fähnrich von der Flakartillerieschule Rerik nach Hamburg. Hier sollte ich nun gut 1 1/2 Jahre bleiben. Meine erste Batterie lag in Halstenbek. Dort blieb ich bis Anfang Dezember 1942. Ich zog mit dieser Batterie, der 3./613, die aus dem Hamburger Flakregiment 6 hervorgegangen war, einen Glückstreffer. Ich war damals 20 Jahre alt. Mein Domizil war ein kleiner Raum in einer langen Ziegelsteinbaracke, zwischen zwei Geschützbedienungen. Zu Beginn meiner Halstenbeker Zeit ging es in der Batterie sehr „literarisch“ zu. Der Batteriechef, Oberleutnant Dr. Hans Hundertmark, war ein begabter Poet und schrieb gerade an einem Stück „Faust bei der Flak“, das er mit seinen Soldaten aufführen wollte, zuerst in seiner Batterie, dann aber auch in anderen Batterien. Unsere Tischgespräche in seiner Chefbaracke, zu denen ich mich immer mit: „Fähnrich Nikolai meldet sich zum Mittagessen“ einfand, drehten sich nur um den „Faust“. Am 23. Mai 1942 fand die Uraufführung in der Batterie-Kantine statt. Vor der Bühne stand ein großer Tisch für die Offiziere, es waren viele Gäste eingeladen. Dort saß auch ich mit meiner „Tischdame“ Hannelore Pein, 16 Jahre, die mir von Oberleutnant Hundertmark zugeteilt war.“

Uraufführung von „Faust bei der Flak“ in der Kantinenbaracke in der Flak Stellung Rellingen 3./Flak-Abteilung 613, 23.05.1942.

„In dieser Batterie hatte ich eigentlich keine Aufgabe, denn es war von vornherein klar, dass ich nur eine kurze Gastrolle spielen würde. Mein Tätigkeitsgebiet war bei der Meßstaffel, bestehend aus Kommando-Gerät 40 und diversen Einrichtungen zum Schießen und der Auswertung. Ich bekam diverse Aufträge, wie z.B. an heißen Sommertagen Gruppen zum Krupunder See zu führen.“

3./ Flak Abteilung 613 am Krupunder See, 1942.

„Am 1. August 1942 wurde ich zum Oberfähnrich befördert und einen Monat später zum Leutnant. Zur Gratulation kam der Abteilungs-Kommandeur Major Dr. Lappe nach Halstenbek. Im Dezember 1942 wurde ich in einer andere Flakstellung in Hamburg versetzt.“

Großbatterie & Luftwaffenhelfer 

Anfang 1943 ist die Stellung erweitert worden, in dem die 4./ Batterie der Abteilung 613 hinzuverlegt wurde. Zusätzlich wurden die 8,8 cm Geschütze durch 10,5 cm Geschütze ausgetauscht. Damit befanden sich nicht mehr nur vier 8,8 cm Flak, sondern acht schwere 10,5 cm Flak in der nun vorhandenen Großbatterie. Zusätzlich verfügte jede Batterie über ein 2cm-Geschütz, ein Feuerleitgerät und ein E-Maschinensatz sowie ein gemeinsames Funkmessgerät. Der Richtpunkt der Batterien war die Spitze des Rellinger Kirchturmes. Die 1. und 2. Batterie der Abteilung hatten Stellung am Kempelbarg/Achtern Stieg in Lurup bezogen. Die restlichen Teile wie Führung, Versorgung, Arrestverbüßung u.ä. waren in der Flak-Kaserne in Rissen.

Gleichzeitig wurden im Jahr 1943 erstmals Schüler zum Kriegshilfsdienst bei der Luftwaffe herangezogen, so auch in der Flakstellung Rellingen. Die 3. Batterie erhielt Schüler der 2. Knaben-Mittelschule Altona, Arnkielstraße und die 4. Batterie bekam Schüler der 3. Knaben-Mittelschule Altona, Fischerallee. Diese stammten jeweils aus den 6. Klassen, was dem Jahrgang 1926 entsprach. Da diese Luftwaffenhelfer Mitte des Jahres ihren Schuldabschluss erlangten und damit vom Reichsarbeitsdienst eingezogen wurden, folgte am 18. Mai 1943 die Einberufung der 5. Klasse. Dies entsprach dem Jahrgang 1927.

Die angetretene Batterie. Im Vordergrund ein 2cm-Geschütz und im Hintergrund ein Flak-Turm.

Zum Dienstantritt wurden die Schüler von einer Abordnung der Batterie am Bahnhof Halstenbek abgeholt und in die Stellung geführt. Angekommen, erfolgte die Begrüßung der Schüler durch die angetretenen Batterien, unter der musikalischen Begleitung eines Musik-Korps. Der Abteilungsführer schritt die Front ab und hielt eine Begrüßungsrede.

Die Ausbildungszeit der neuen Luftwaffenhelfer war auf acht Wochen angesetzt. Nach Beendigung der Ausbildung sollten die alten Luftwaffenhelfer aus dem Dienst entlassen werden. Während dieser Ausbildungszeit erfolgten die schweren Großangriffe auf Hamburg mit dem Beginn in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1943. Dies war ein Wochenende und ein Teil der Batterie war beurlaubt. Jedoch wurde die Einsatzbereitschaft durch die verbliebenen Teile aufrechterhalten, bereits unter Einbeziehung der neuen Luftwaffenhelfer.

Niemand hat jedoch bei Alarmauslösung kurz vor Mitternacht damit gerechnet, was am nächsten Morgen erst offensichtlich wurde!“, so Erich Radeke.

Der Anflug der Bomberverbände erfolgte bei diesem Angriff von Nordwesten, d.h. über Elmshorn – Tornesch – Eidelstedt. Damit lag die Stellung genau in der Einflugschneise und wurde durch die Verbände direkt überflogen. Jedes der acht Geschütze gab in dieser Nacht an die 120 Schuss ab, womit die Höchstschussbelastung erreicht wurde.

Oben links: feuerndes Geschütz bei Nacht. Oben rechts: 10,5 cm Geschütz mit Abschussringen am Rohr. Unten: Luftwaffenhelfer am Kommandogerät.

Zudem kam es während des Angriffs durch einen abstürzenden Bomber zu einem Notabwurf. Die Brandbomben trafen eine Holzbaracke der Luftwaffenhelfer, die völlig ausbrannte und eine von Soldaten bewohnte Steinunterkunft, die teilweise ausbrannte. Das Flugzeug wurde beim Überflug der Stellung von den leichten 2cm Geschützen der Batterie beschossen und getroffen. Der Abschuss war allerdings auf eine vorherige Bekämpfung zurückzuführen. Es stürzte nördlich der Pinneberger Straße in Höhe Kellerstraße ab.

Etwa Mitte August wurde die Batterie ohne Gerät nach Schulau verlegt und bezog dort fertige Stellungen mit Sockelgeschützen. Die Hintergründe der Verlegung und der Verbleib der Geschütze sind unbekannt. Die Stellungen sollen bald abgebaut und geräumt worden sein. Gesicherte Erkenntnisse liegen hierzu nicht vor.

Zwei Bauteile, die sich ein Luftwaffenhelfer von einem 10,5 cm Geschütz in Rellingen als Andenken mitnahm.

Die Flakstellung Rellingen ist ein kleines Projekt, das keinen direkten Bezug zum Fliegerhorst Uetersen hat und nebenbei beforscht wird. Wir suchen immer Zeitzeugen, jegliche Dokumente, Fotos, Berichte usw. über die Flak in Rellingen und im Kr. Pinneberg.